Lachgas in der Medizintechnik

Lachgas in der Medizintechnik: Warum es trotz Umweltbelastung unverzichtbar bleibt

In der modernen Medizintechnik ist Lachgas (Distickstoffmonoxid, N2O) ein weit verbreitetes Sedativum und Anästhetikum, insbesondere in der Zahnmedizin. Es erleichtert die Behandlung von Patient:innen, die unter Angstzuständen oder extremen Unbehagen leiden und ermöglichen gleichzeitig eine effektive und sichere Durchführung zahnärztlicher Eingriffe. Doch während Lachgas für Patient:innen und Mediziner:innen viele Vorteile bietet, hat es auch erhebliche Nachteile – insbesondere in Bezug auf den Klimawandel. Lachgas ist etwa 300-mal klimaschädlicher als CO2, was seine Anwendung aus einer ökologischen Perspektive problematisch macht. In diesem Blogbeitrag werden die ökologischen Auswirkungen des Lachgaseinsatzes und die Gründe, warum es trotz dieser Nachteile weiterhin eine wichtige Rolle in der Medizin spielt, beleuchtet.

Die ökologische Herausforderung: Lachgas und der Klimawandel

Lachgas ist ein starkes Treibhausgas, das in der Atmosphäre eine weitaus größere Wirkung hat als CO2. Es wird in verschiedenen Sektoren freigesetzt, wobei die Landwirtschaft eine der Hauptquellen darstellt. Laut Daten von 2021 stammen 77 % der Lachgasemissionen in Deutschland aus der Landwirtschaft. Ein weiteres Problem ist die lange atmosphärische Lebensdauer des Gases. Einmal freigesetzt, verbleibt es für etwa 114 Jahre in der Atmosphäre, wo es zur Erwärmung des Planeten beiträgt und auch die Ozonschicht schädigt.

Der Gesundheitssektor ist mit 4,4 % der globalen Treibhausgasemissionen ebenfalls ein bedeutender Emittent. In Deutschland liegt der Anteil des Gesundheitssektors bei 5,2 %. Der durch medizinisch genutztes Lachgas verursachte Anteil ist zwar mit etwa 1 % relativ gering, doch angesichts der drängenden Klimakrise sollte dieser Anteil nicht unterschätzt werden. Die Umweltschädigung durch Lachgas ist zudem abhängig von der Dauer und Intensität der Anwendung. So erzeugt eine einstündige Sedierung mit Lachgas etwa 16 kg CO2-Äquivalente, was einer Autofahrt von 106 Kilometern entspricht. Zum Vergleich: Eine Narkose mit Desfluran verursacht Emissionen, die einer Fahrt von 200 bis 400 Kilometern entsprechen.

Ein Blick auf den CO2-Fußabdruck von zahnärztlichen Dienstleistungen in England (2013/14) zeigt, dass Lachgas zwar nur einen kleinen Anteil des gesamten CO2-Fußabdrucks ausmacht, jedoch nicht unbedeutend ist.

Quelle: Publich Health England: Carbon modelling with Dentistry – towards a sustainable futute (2018)

Das Schaubild zeigt, dass der CO2-Fußabdruck von zahnärztlichen Dienstleistungen in England im Jahr 2013/14 insgesamt 675.706 Tonnen CO2-Äquivalente betrug. Von diesem Wert sind nur 0,9 % auf die Freisetzung von Lachgas zurückzuführen, was den geringen relativen Beitrag dieses Gases verdeutlicht. Die größten Anteile entfallen auf Patientenanreisen (31,1 %) und Mitarbeiterpendeln (30,3 %). Dies zeigt, dass andere Faktoren im zahnmedizinischen Bereich wesentlich mehr zu den Gesamtemissionen beitragen. Dennoch sollte der Einfluss von Lachgas, aufgrund seiner hohen Klimawirkung sowie der atmosphärischen Lebensdauer, nicht unterschätzt werden.

Die Bedeutung von Lachgas in der medizinischen Praxis

Trotz seiner ökologischen Nachteile spielt Lachgas eine wichtige Rolle in der medizinischen Praxis, insbesondere in der Zahnmedizin. Lachgas ermöglicht es vielen Patient:innen, denen ansonsten eine zahnärztliche Behandlung verwehrt bliebe, angst- und schmerzfrei behandelt zu werden. Für viele Menschen, die unter einer Zahnarztphobie leiden, ist Lachgas die einzige Möglichkeit, sich überhaupt einer notwendigen Behandlung zu unterziehen. Dadurch können schwerwiegende Zahnerkrankungen vermieden werden, die andernfalls umfangreichere und invasivere Eingriffe erfordern würden. Solche Eingriffe würden häufig eine Vollnarkose erfordern, die mit einer deutlich höheren Umweltbelastung verbunden ist.

Ein weiterer Vorteil des Einsatzes von Lachgas in der Zahnmedizin ist die Möglichkeit, auf die Anwesenheit eines Anästhesisten zu verzichten. Dies reduziert nicht nur die Kosten, sondern vermeidet auch zusätzliche Emissionen, die durch die Anreise eines externen Anästhesisten entstehen würden.

Nachhaltigkeit in der Medizintechnik: Minimierung der Umweltauswirkungen durch Lachgas

Die Baldus Medizintechnik Gruppe und andere Akteure in der Branche sind sich der ökologischen Herausforderungen bewusst, die mit der Nutzung von Lachgas einhergehen. Daher arbeiten sie kontinuierliche an Strategien, um die Emissionen zu reduzieren und die Nachhaltigkeit ihrer Produkte zu verbessern. Eine dieser Strategien ist die Einführung regelmäßiger Kontrollen der Lachgassysteme, um Leckagen zu verhindern, durch die das Gas unkontrolliert in die Umwelt gelangen könnte.

Darüber hinaus gibt es technologische Entwicklungen, die darauf abzielen, das Lachgas während der Behandlung aufzufangen und zu filtern, bevor es in die Atmosphäre entweicht. Diese Technologien befinden sich zwar noch in der Entwicklungsphasen, könnten jedoch zukünftig eine entscheidende Rolle dabei spielen, die Umweltauswirkungen des Lachgaseinsatzes erheblich zu verringern.

Ein weiteres Mittel zur Reduzierung des Lachgasverbrauchs ist die sogenannte Minimal-Flow-Anästhesie. Bei diesem verfahren wird die Menge des eingesetzten Gases optimiert, um nur die notwendige Menge zu verwenden. Geringere Dosierungen im Bereich von 30-35 % sind häufig bereits ausreichend. Dies reduziert nicht nur die Kosten, sondern auch die freigesetzten Emissionen. Ebenso ist ein dichter Sitz der Nasenmaske entscheidend, da er das Entweichen von Gas in die Umgebung reduziert.

Warum Lachgas weiterhin unverzichtbar bleibt

Trotz seiner negativen Umweltauswirkungen bleibt Lachgas in vielen medizinischen Bereichen unverzichtbar. Die Gründe dafür liegen nicht nur in seiner Wirksamkeit als Sedativum, sondern auch in seiner relativen Sicherheit und der einfachen Handhabung. Lachgas hat eine schnelle An- und Abklingzeit, was es ideal für Kurzzeitbehandlungen macht. Zudem ist es für Patient:innen gut verträglich und verursacht in der Regel keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.

Es ist auch wichtig zu betonen, dass die Reduktion von Lachgas in der Medizin nur ein kleiner Teil eines umfassenden Ansatzes zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Gesundheitssektor ist. Während Technologien zur Emissionsreduzierung weiterentwickelt werden, sollten auch andere Bereiche wie die Energieeffizienz von Krankenhäusern, die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und der Einsatz erneuerbarer Energien verstärkt in den Fokus rücken.

Fazit

Lachgas bleibt trotz seiner erheblichen klimaschädlichen Wirkung ein essenzielles Werkzeug in der medizinischen Praxis, insbesondere in der Zahnmedizin. Die Möglichkeit, Patient:innen eine angstfreie und effektive Behandlung zu bieten, rechtfertigt den Einsatz dieses Gases in vielen Fällen. Dennoch ist es unerlässlich, dass die Branche sich ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt bewusst ist und kontinuierlich an der Reduzierung der damit verbundenen Emissionen arbeitet. Durch technologische Innovationen, optimierte Verfahren und ein gesteigertes Bewusstsein für die Umweltbelastungen kann der Einsatz von Lachgas langfristig nachhaltiger gestaltet werden.

Die Nutzung von Lachgas steht somit im Spannungsfeld zwischen medizinischer Notwendigkeit und ökologischer Verantwortung. Es gilt. diese Balance zu wahren, indem man sowohl den Nutzen für die Patient:innen als auch die Auswirkungen auf die Umwelt stets im Blick behält.

Quellen:
[1] Lachgas und Methan | Umweltbundesamt
[2] Nachhaltigkeit_in_der_Medizintechnik_Publikation.pdf
[3] Lachgas und Sedierung in der Zahnarztpraxis
[4] Your anaesthetic and the environment | The Royal College of Anaesthetists
[5] Neue Herausforderungen für die Anästhesie durch den Klimawandel | Die Anaesthesiologie
[6] Ecological Sustainability in Anaesthesiology an Intensive Care Medicine
[7] Carbon_modelling_within_dentistry

Nach oben scrollen